Keine Barriere – Wie man trotz Blindheit, ein Teil der Twitter-Gemeinde sein kann!

Patrick ist blind. Dennoch nutzt er Twitter, täglich. Social Media verbindet und bietet auch Menschen mit Handicap die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen. Aber wie funktioniert das? Dieser Blog soll euch einen Eindruck vermitteln.

Als ich mich im Februar 2013 bei Twitter angemeldet habe, hätte ich nicht gedacht, dass dieses soziale Netzwerk mein Netzwerk Nr. 1 wird. Vorher war ich – wie wahrscheinlich viele von euch – bei Facebook aktiv. Doch mit der Zeit wurde es mir dort zu langweilig – ich wollte etwas Neues ausprobieren.

Ihr fragt euch bestimmt, wie kann man als blinder Mensch twittern? Das ganze funktioniert dank eines speziellen Programms (TWblue), welches kostenfrei zum Download verfügbar ist und in Spanien ehrenamtlich entwickelt wird.

Nachdem man das Programm installiert hat, kann man Mithilfe eines Screenreaders (zu Deutsch einer Sprachausgabe) sich die meisten Inhalte, die einem auf dem Bildschirm angezeigt werden vorlesen lassen. TWBlue wurde speziell dafür entwickelt.

Leider ist nirgends beschrieben, mit welchen Betriebssystemen das Programm genutzt werden kann – ich weis nur, dass es unter Windows läuft.

Das Programm ist sowohl am Laptop als auch am PC (Windows) nutzbar.

Bedient wird es ausschließlich mit der Tastatur (über so genannte Shortcuts bzw. zu Deutsch Tastenkombinationen). Um z. B. einen Tweet zu favorisieren, drückt man die Tastenkombination windows+alt+f (das f steht für „favorite“). Orientieren tut man sich in TWBlue an akkustischen Signalen bzw. an den Informationen, die man vom screenreader vorgelesen bekommt. Weitere Infos zu TWBlue findet ihr auf der Homepage des Programms unter twblue.es.

Je länger ich Twitter nutze, desto besser gefällt es mir. Besonders schätze ich an diesem Netzwerk die kurzen Posts, die man – mit max. 140 Zeichen – verschicken kann. Dadurch ist man als User automatisch gezwungen, genau zu überlegen, was man mit diesen 140 Zeichen sagen möchte.

Zum Vergleich – Facebook: Dort kann man Romane schreiben und es braucht u.u. sehr lange, um solche Romane durchzulesen.

Hier bei Twitter hat man die Herausforderung, dass man – wie schon erwähnt – überlegen muss, wie man so viel wie möglich in 140 Zeichen packt – ohne den Tweet langweilig wirken zu lassen. Dies kann einem – je nach dem, ob man z. B. über Politik, eine laufende Fernsehsendung, Sport- oder andere Ereignisse schreibt mehr oder weniger leicht fallen.

Ein mir sehr wichtiges Argument, Twitter zu nutzen, ist die sehr schnelle Verbreitung bzw. der schnelle Empfang von Nachrichten. Je nach dem, wie groß die eigene Timeline ist, werden sekündlich neue Meldungen getwittert – dies sorgt für dauerhafte Spannung und Abwechslung.

Vor allem bei Ereignissen wie Landtags- oder Bundestagswalen, der Champions- oder Europaleagueauslosung, Sonntagsabens beim Tatort und bei noch vielen solcher Ereignisse mehr, ist Twitter für mich die perfekte Möglichkeit, in sekundenschnelle meine eigene Meinung vielen Menschen mitzuteilen, aber auch gleichzeitig die der anderen User zu lesen und mich mit ihnen darüber auszutauschen.

Und nicht nur das – bei Twitter hat man sogar die Möglichkeit, sich mit Korrespondenten von verschiedenen TV-Sendern bzw. auch mit den dort zuständigen menscheln zu schreiben – von manchen erhält man sogar eine Antwort – was mir persönlich bei Facebook nicht passiert ist bzw. für mich kommt solch eine Unterhaltung hier einfach persönlicher rüber. So habe ich z. B. die Sportschau, als ich feststellte, dass Bilder bei einem Artikel nicht ordnungsgemäß beschriftet waren (so das man anhand des Bildtitels bzw. der Beschreibung erkennt, was darauf zu sehen ist und man nicht immer jm. Sehenden fragen muss) angeschrieben und – siehe da – die Sportschau hat meinen Tweet nicht etwa – wie man vielleicht denkt – ignoriert, nein! Sie hat mir geantwortet und mir versichert, dass die Bilder zeitnah ordnungsgemäß beschriftet werden. Das taten Sie dann auch.

Dieser Beitrag soll je doch kein ausschließliches Facebook-Bashing werden – schließlich habe ich dieses Netzwerk auch mal gemocht und war dort auch regelmäßig aktiv. Jedoch ist für mich die ständige Veränderung der mobilen Seite dort ein weiterer ausschlaggebender Grund, wieso ich hauptsächlich bei Twitter aktiv bin.

Die Entwickler von TWBlue (zur Erinnerung: das ist das Programm, mit welchem ich twittere) geben Usern die Möglichkeit, entweder ihnen direkt auf Twitter oder per Mail Verbesserungsvorschläge mitzuteilen. Dies habe ich schon des Öfteren getan und immer eine Antwort darauf bekommen – im Optimalfall wurden die Vorschläge bereits in die nächsten Versionen eingebaut. Dies war bei Facebook nicht möglich.

Einer der wichtigsten Gründe von Social Media ist, dass es – wenn man es richtig anstellt – möglich ist, andere Menschen an seinem Leben teilhaben zu lassen.

Nach dem mich einige User auf Twitter fragten, wie es denn möglich ist, als blinder Mensch zu twittern, entschloss ich mich, einen Webblog dazu zu erstellen. Bis heute finden sich dort Beiträge und Audio-Toutorials von TWBlue, der Kindle- und der Twitter-App so wie zum Quizduell.

Mit all diesen bisherigen Materialien und meinem Auftreten auf Twitter möchte ich zeigen, dass mit der heutigen Technik einiges möglich ist und dass sie mehr einen Segen als einen Fluch darstellt. Man muss sich vorstellen, ohne diese Techniken wäre es nicht möglich, dass sich Blinde und andere Menscheln mit Handicap mit sehenden Menschen kontrovers und fair austauschen können.

Eine Weitere sehr wirkungsvolle Möglichkeit, seine Behinderung aufzulockern ist, Tweets wie Bilder o.ä. zu kommentieren, obwohl man gar nichts mit ihnen anfangen kann. Beispielsweise gab es die Situation, dass User A zu User B in einem Tweet meinte: „Dein Profilbild sieht aber nicht schön aus.“ Ich habe mich in die Diskussion eingemischt und gemeint: „Das sehe ich anders, mir gefällt’s.“ Man stellt sich die Gesichter der User vor, wenn sie in eine Biographie schauen und lesen, dass da ein blinder Mensch grade ein Bild von Ihnen bewertet hat – solche Aktionen helfen sehr, Vorurteile ab- und Selbstvertrauen aufzubauen.

Zum Schluss möchte ich mich bei Florian für die Möglichkeit, mich in seinem Blog zu diesem Thema äußern zu dürfen bedanken – ich finde es eine super Idee, dass du über dieses Thema berichtest – du gehst mit gutem Beispiel voran.

Wenn ihr Fragen zu mir und meiner Person habt, könnt ihr mich gerne auf Twitter unter www.twitter.com/PPlattek kontaktieren.

Meinen Blog könnt ihr unter www.blindtweet.wordpress.com erreichen.

Geschrieben von Patrick Plattek

Veröffentlicht von Florian

Medien-Blogger, Community-Manager, Sportfan.

2 Kommentare zu „Keine Barriere – Wie man trotz Blindheit, ein Teil der Twitter-Gemeinde sein kann!

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