Im Gedenken an Tom Walkinshaw
1. Vorgeschichte
Bereits im Jahr 1906 – noch vor dem Ersten Weltkrieg – wird das erste Kapitel des Grand-Prix-Rennsports im französischen Le Mans aufgeschlagen. Zum ersten Mal wurde Motorsport auf einem Rundkurs, und nicht wie bisher auf einer Strecke, welche durch die Distanz zweier Orte festgelegt ist, betrieben. Die Piloten hatten dabei eine echte Mammutaufgabe zu bewerkstelligen. Die Streckenlänge betrug satte 103,2 Kilometer, gefahren wurde zum Teil auf holprigem Asphalt, zum Teil aber auch auf losem Untergrund. Die Renndistanz, welche auf zwei Tage aufgeteilt wurde, betrug 12 Runden. Pro Tag saßen die Fahrer mehr als 6 Stunden in ihren Fahrzeugen. Nach unfassbaren 12:14.7 Stunden und 1236 zurückliegenden Kilometern wurde der in Frankreich lebende Ungar Ferenc Szisz auf Renault mit blutigen Händen als Sieger abgewinkt.
In der Zwischenkriegszeit entstanden erstmals spezielle Rennstrecken (AVUS, Monza, Spa), die höhere Geschwindigkeiten zuließen, und somit den Ansprüchen der immer schneller werdenden Fahrzeuge gerecht wurden. Zwischen den beiden Weltkriegen florierte der Rennwagenbau, zum Beispiel blieb der 1937 entworfene Mercedes-Benz W125, motorisiert mit 646 PS, über Jahrzehnte hinweg der stärkste Rennwagen überhaupt. Eingesetzt wurde er – unter anderem aufgrund von Reglementänderungen – nur in einem Jahr. In der Grand-Prix-Saison 1937 konnte dieser Silberpfeil, der in erster Linie gemeinsam mit der Konkurrenz von „Auto Union“ die Rennstrecken dominierte, 7 von 12 Rennen gewinnen. Hermann Lang gewann die Auftaktrennen in Tripolis und auf der AVUS. Sein Stallgefährte Manfred von Brauchitsch siegte beim Rennen in Monaco und wurde insgesamt vier Mal Zweitplatzierter. Rudolf Caracciola gewann den Deutschland Grand Prix auf dem Nürburgring sowie die Grand Prix in der Schweiz, in Italien und den Masaryk-Grand Prix (benannt nach dem Gründer und erstem Staatspräsidenten der Tschechoslowakei) in Brünn.
Dies jedoch nur als kleine Anekdote vorneweg. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde dem Motorsport ein jähes Ende gesetzt. Erst nach 1945 begannen einige Privatfahrer auf erhalten gebliebenen Rennwagen Rennen auszutragen. 1946 stellte die Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) allgemein gültige Regeln für den Motorsport auf. Die Autos mussten nun einen Hubraum von 1500 ccm und einen Kompressormotor besitzen. 1947 wurden die ersten Nachkriegs-Grand-Prix ins Leben gerufen, bei denen fast nur französische und italienische Hersteller an den Start gingen. Schließlich beschloss die FIA, für das Jahr 1950 mehrere Grand Prix zu einer Fahrer-Weltmeisterschaft der Formel 1 zusammenzufassen. Dazu gehörten die Großen Preise von Großbritannien, Monaco, der Schweiz, Belgien, Frankreich und Italien sowie die 500 Meilen von Indianapolis (wo allerdings die amerikanischen Fahrer weitgehend unter sich blieben).
2. Die 50er Jahre – Die Ära Fangio
Am 13. Mai 1950 machten sich die Königsfamilie und circa 150.000 Fans in das englische Silverstone auf, um dem erstem Grand Prix der Formel-1-Geschichte beizuwohnen. Der Rennkurs in Silverstone entstand auf dem Areal eines ehemaligen Stützpunktes der britischen Luftwaffe. Der Grand Prix 1950 wurde noch auf den Start- und Landebahnen ausgetragen, was zur Folge hatte, dass die Strecke praktisch nur aus langen Geraden und engen Haarnadelkurven bestand. Bereits 1950 finden sich die bis zum Teil heute vorhandenen – aber natürlich veränderten – Kurven wie Cops, Maggotts, Becketts, Chapel, Stowe, Club, Abbey und Woodcote. Die Ferraris waren zu diesem Rennen nicht angereist, und so machten die Alfa Romeos den Sieg unter sich aus. Das Rennen endete mit einem Dreifacherfolg für die „Kleeblätter“. Der Italiener Giuseppe Farina geht als erster Sieger eines Formel-1-Laufes in die Geschichtsbücher ein.
Giuseppe „Nino“ Farina gewann nicht nur das Auftaktrennen, sondern ließ Siege in der Schweiz und Italien folgen. Am 3. September 1950 wurde Farina vor Juan Manuel Fangio und Luigi Fagioli (alle Alfa) der erste Weltmeister der jungen Formel 1.
Die 50er Jahre wurden von drei Herstellern geprägt: Alfa Romeo, Mercedes-Benz und Ferrari. Nachdem Juan Manuel Fangio 1951 relativ deutlich seinen ersten Titel einfahren konnte, musste sich Alfa wegen finanzieller Schwierigkeiten aus dem Grand-Prix-Rennsport zurückziehen. Mit dem neuen 2-Liter-4-Zylinder Ferrari 500 beherrschte die Scuderia die Weltmeisterschaft nach Belieben. Da nur noch die Scuderia konkurrenzfähige Fahrzeuge an den Start bringen konnte, wurden vorübergehend auch Automobile der Formel 2 zugelassen. In den folgenden beiden Jahren gewann der Ferrari-Fahrer Alberto Ascari unangefochten die Weltmeisterschaft.
Für das Jahr 1954 wurden kostengünstigere Regeln beschlossen, was auch Mercedes-Benz zu einem Einstieg bewog. Die Schwaben entwickelten einen Rennwagen, welcher gleich bei seinem Debüt in Reims 1954 – welches nicht der erste GP der WM 1954 war – einen Doppelsieg durch Juan Manuel Fangio und Karl Kling einfahren konnte. Interessante Randnotiz: Mercedes-Benz hatte bereits vor der Saison Juan Manuel Fangio neben Karl Kling und Hans Herrmann als Fahrer verpflichtet. Da der neue Silberpfeil jedoch nicht zum Saisonstart fertiggestellt werden konnte, Fangio aber Weltmeister werden wollte, fuhr er die ersten Rennen auf Maserati. Auch die Saison 1955 wurde von der Dominanz der Silberpfeile geprägt. Das Team der Piloten wurde durch Stirling Moss erweitert, den Rennleiter Alfred Neubauer für sich gewinnen konnte. In der Gesamtwertung konnte Fangio mit vier Saisonsiegen seinen Titel deutlich vor Teamgefährte Moss verteidigen. Aufgrund eines schweren Mercedes-Unfalls beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans, bei dem mehr 80 Zuschauer ihr Leben verloren, und vermutlich auch, weil man alle Titel gewonnen hatte, zog sich Mercedes-Benz Ende 1955 aus der Königsklasse zurück.
Doch auch in den beiden folgenden Jahren blieb Fangio das Maß aller Dinge. 1956 triumphierte er im Ferrari, 1957 auf Maserati. Ende der Fünfziger deutete sich jedoch eine Trendwende an. Zwar gewann 1958 noch einmal ein Ferrari, jedoch war nicht zu übersehen, dass die von John Cooper erdachte Konstruktion des sogenannten „Mittelmotors“, was bedeutet, dass der Motor von der Front bis vor die Hinterachse zurückversetzt wurde, das Erfolgsrezept für die Zukunft war. Nur folgerichtig holte der Australier Jack Brabham mit dem Cooper 1959 den Weltmeisterschaftstitel.
3. Die 60er Jahre – Man spricht englisch in der Formel 1
Drei Namen – Cooper, Lotus und BRM – spiegelten in den sechziger Jahren den ganzen Stolz der britischen Rennwagen-Industrie wider. Auf dem Siegeszug durch dieses Jahrzehnt ruht bis heute der Ruhm Englands als Motorsportnation Nummer eins. Sechs von zehn Fahrertiteln gingen an Engländer, die restlichen Titel wurden an englischsprachige Fahrer aus den Vereinigten Staaten und Australien vergeben.
Die 60er Jahre begannen, wie das vergangene Jahrzehnt geendet hatte: Mit dem Weltmeistertitel für den Australier Jack Brabham. Nach wie vor setzte der Cooper-Mittelmotor den Maßstab in der Formel 1. Mit einem Rennwagen, der nur knapp 440 Kilogramm wog, und einem 240 PS starken 4-Zylinder-Aggregat konnten Geschwindigkeiten bis an die 300 km/h-Grenze erreicht werden. Ferrari, das nach wie vor auf einen Frontmotor setzte, konnte kein einziges Rennen gewinnen.
Jedoch war 1960 auch ein Jahr, welches die Gefährlichkeit des Automobilrennsports früher Tage wieder offen ans Tageslicht brachte. Während des Großen Preises von Belgien in Spa starben die Piloten Chris Bristow (Cooper) und Alan Staces (Lotus), zwei weitere Fahrer verletzten sich. Diese tragische Dimension des Schicksals sollte erst wieder durch das Frühjahr 1994 annähernd erreicht werden. Um die Gefahren zu verringern, wurden die Regeln erneut geändert. Die Vorschriften der Formel 2 wurden zu Formel-1-Standard erhoben. Der Hubraum der Fahrzeuge wurde von 2.5 auf 1,5 Liter begrenzt. Das von diesen Neuerungen am stärksten profitierende Team war Ferrari, das bereits in der Formel 2 unterwegs waren – zum Leidwesen von Cooper, Lotus und BRM. Folgerichtig holte der Amerikaner Phil Hill den WM-Titel 1961.
Auch in Deutschland hatten die Formel-1-Begeisterten wieder einen Helden, wenn auch einen äußerst tragischen. Der rheinländische „Renn-Graf“ Wolfgang Graf Berghe von Trips war 1961 auf Ferrari in Richtung Weltmeistertitel unterwegs, als am 10. September 1961 beim Großen Preis von Italien die Tragödie passierte: Als führender der WM-Wertung verunglückte Trips nach einer Kollision mit Jim Clark bei der Anfahrt zur Parabolica-Kurve tödlich. Trips wurde aus seinem Ferrari geschleudert und war auf der Stelle tot. Desweiteren starben bei diesem Unfall 13 Zuschauer.
Schon in den nächsten Jahren sollte sich jedoch die britische Überlegenheit wieder deutlich zeigen. Bereits 1962 konnten durch die 8-Zylinder-Motoren von Cooper-Climax und BRM wieder die Geschwindigkeiten von 1960 erreicht werden. Lotus-Chef Colin Chapman – wohl eine der wegweisendsten Persönlichkeiten der Formel 1 – präsentierte 1962 seinen Lotus 25, der erste Monoposte, der in Monocoque-Bauweise entstand. An die Stelle des klassischen Rohrrahmens traten Leichtmetallkästen. Weltmeister 1962 wurde Graham Hill auf BRM. Bis 1965 – die weiteren WM-Titel gingen an Jim Clark (Lotus) und John Surtees (Ferrari) – erhöhte sich die Leistung der Fahrzeuge auf bis zu 220 PS.
Da Sportwagen und selbst einige Serienfahrzeuge zu dieser Zeit über mehr Leistung als die so genannte Königsklasse mit ihren nur 220 PS leistenden Achtzylindern verfügten, wurden für 1966 die Regeln wieder geändert. Die Hubräume wurden verdoppelt.
Denkwürdiges und bis heute Einschneidendes tat sich 1968: Die Techniker kamen auf Idee, dass umgedrehte Flügelprofile das Auto besser auf die Straßen drücken, und somit Abtrieb erzeugen. Innerhalb weniger Wochen erreichten die Flügel gigantische Höhen. Die Maxime schien zu lauten: Je höher, desto besser. Jedoch war diese Entwicklung noch recht unausgegoren. Immer wieder brachen die Streben. Graham Hill wurde in dieser Saison zum zweiten Mal Champion.
1969 ereigneten sich auf dem Stadtkurs von Montjuich zwei schwere Unfälle, weil Heckflügel an den beiden Lotus von Jochen Rindt und Graham Hill brachen. Daraufhin wurden die hoch über Vorder- und Hinterachse montierten Spoiler in allen Klassen verboten und mussten durch kompaktere Flügel ersetzt werden. Zu den am lautesten Prostierenden gehörte damals ein gewisser Ken Tyrrell. Er war der Meinung, dass seine Matra-Fahrzeuge ohne die Flügel nicht fahren könnten. Er irrte: Sein Pilot Jackie Stewart wurde Weltmeister der Saison 1969.
4. Die 70er Jahre – Die Österreicher erobern die Formel 1
Kaum tragischer hätte der erste Weltmeistertitel des dritten Formel-1-Jahrzehnts vergeben werden können. Dem deutsch-österreichischen Fomel-1-Piloten Jochen Rindt wurde Ende der Saison 1970 posthum der Titel des Champions verliehen. Beim Abschlusstraining zum Großen Preis von Italien in Monza am 5. September 1970 prallte Rindts Wagen beim Anbremsen der Parabolica in die Leitplanken. Der zerbrochene Lotus 72 war nicht wiederzuerkennen. Vermutlich brach die Bremswelle an Chapmans‘ Konstruktion. Jochen Rindt starb noch im Rettungswagen. Wieder ein toter Lotuspilot, nachdem bereits Jim Clark 1968 bei einem Formel-2-Rennen in Hockenheim in einem Lotus sein Leben lassen musste. Nicht zu vergessen die beiden schweren Unfälle von Rindt und Hill in Montjuich 1969. Chapmans‘ Autos waren zweifellos die innovativsten und schnellsten ihrer Art. Aber erfolgte diese Entwicklung am Limit auf Kosten der Sicherheit?
Jochen Rindt ist bis heute der einzige Weltmeister der Formel 1, dem der Titel posthum verliehen wurde. Kein anderer Pilot schaffte es 1970 noch, ihn einzuholen.
Nur ein Jahr später schüttelte Colin Chapman eine weitere sensationelle Entwicklung aus dem Ärmel. In Zandvoort, Silverstone und Monza setzte Chapman je ein Fahrzeug ein, welches nicht von einem herkömmlichen Saugmotor angetrieben wurde, sondern von einer Zweiwellen-Gasturbine – ursprünglich für den Antrieb von Schiffen, Lokomotiven und Helikoptern konstruiert. Jedoch erwies sich diese Konstruktion als Flop: Mit einem Kraftstoffverbrauch von 100 Litern auf 100 Kilometern war der Motor schlichtweg zu durstig. Aber noch schlimmer: Die Motorpower setzte erst mit Verzögerung ein, was dem Fahrer ein äußerstes Maß an Geschick abverlangte: Bereits in der Bremszone! musste das Gaspedal gedrückt werden, um am Kurvenausgang die gewünschte Beschleunigung zu erfahren. Zu spätes Betätigen des Gaspedals führte zu einer extrem langsamen Beschleunigung aus den Kurven, zu frühes Betätigen des Pedals konnte zu bösen Abflügen und schlimmen Unfällen führen.
Aufgrund dieses Chapman-Flops sicherte sich Tyrrell-Fahrer Jackie Stewart seinen zweiten WM-Titel. Doch nur ein Jahr später konnte Lotus mit Emerson Fittipaldi zurückschlagen. 1973 war zum dritten – und letzten Mal – das große Jahr von Jackie Stewart. Erneut wurde er auf Tyrrell Weltmeister. 1974 wurde Fittipaldi zum zweiten Mal Weltmeister, es war gleichzeitig der erste Titel für das bis heute bestehende McLaren-Team.
Ebenfalls 1974 gewann ein gewisser Andreas Nikolaus Ritter von Lauda seinen ersten Fomel-1-Grand-Prix in Jarama. Der Wiener sollte die kommenden Jahre der Formel 1 – im Positiven wie im Negativen – mitprägen. 1975 war Niki Lauda im Ferrari nicht zu stoppen und sicherte sich mit fünf Saisonsiegen souverän seine erste Meisterschaft. Lauda war damit der erste Ferrari-Weltmeister seit über zehn Jahren. In der ersten Hälfte des Jahres 1976 war Lauda erneut überlegen, er gewann fünf von neun Grand-Prix-Rennen, ehe der Große Preis von Deutschland auf dem Nürburgring bevorstand. Bei einem schweren Feuerunfall verletzte sich Lauda schwer. Mit heftigen Verbrennungen wurde Lauda in das Krankenhaus eingeliefert. Spuren des Unfalls prägen ihn bis heute. Doch bereits beim Großen Preis von Italien in Monza – nur 42 Tage nach seinem schweren Unfall – stieg Lauda wieder in seinen Ferrari. Er wurde mit blutenden Wunden Vierter. Beim letzten und entscheidenden Lauf in Fuji stieg Lauda bei strömendem Regen aus dem Auto, da ein Weiterfahren in seinen Augen zu gefährlich gewesen wäre. Der WM-Titel ging mit nur einem Punkt Vorsprung an James Hunt. Kurios: James Hunt fiel nach einem Boxenstopp weit zurück und glaubte die Weltmeisterschaft verloren. Vor der Siegerehrung reiste er direkt nach dem Rennen ab. Dabei war Hunt auf den dritten Platz gefahren, der ihm für den Titel genügte.
Ebenfalls kurios: Tyrrells Konstrukteur Derek Gardner baute 1976 zum ersten Mal einen Rennwagen, der auf sechs Rädern stand – vier Vorder- und zwei Hinterräder. Bis auf einen Doppelsieg in Schweden blieben die Erfolge jedoch hinter den Erwartungen zurück.
Bereits 1977 konnte sich Lauda den WM-Titel zurückholen. Parallel dazu erfand Lotus-Chef Colin Chapman den „Ground Effect“. Diese – abermals revolutionäre – Erfindung ermöglichte zusätzlichen Abtrieb und enorme Kurvengeschwindigkeiten. Bereits ein Jahr später war dieses Konzept derart ausgereift, dass Mario Andretti vor Teamkollege Ronnie Peterson, der sich der Stallregie unterordnen musste, seinen einzigen WM-Titel auf Lotus einfahren konnte.
Das Jahr 1979 blieb von daher noch Jahrzehnte in Erinnerung, dass der Südafrikaner Jody Scheckter der letzte Ferrari-Titelträger bis zur Ära von Michael Schumacher bleiben sollte.
5. Die 80er Jahre – Die großen Duelle
Zu Beginn der 80er Jahre erlebte die Formel 1 einen wahren Boom. Insgesamt 20 Rennställe beteiligten sich an der Weltmeisterschaft. Dies führte dazu, dass die von Brabham-Chef Ecclestone geführte FOCA einen höheren Betrag für Ausrichtung eines Grand Prix verlangte. Diese Einnahmen wurden unter den Teams zu unterschiedlichen Anteilen (je nach Platzierung) aufgeteilt. Die Rennställe konnten die Gelder dringend brauchen, da sich ein allgemeines „Wettrüsten“ auftat. Durch den nach und nach verbesserten Groud-Effekt wurden die Rundenzeiten um bis zu drei Sekunden gesenkt. Für die Fahrer bedeutete die erhöhten Kurvengeschwindigkeit, dass es ihnen zunehmend Probleme bereitete, Kopf und Nacken gegen die enormen Fliehkräfte zu stemmen.
Ab 1983 dominierten die leistungsstarken Turbo-Motoren, die über 1000 PS auf die Straße bringen konnten. In den Rennen jedoch musste besonders auf den Spritverbrauch geachtet werden, da die Tankvolumina verringert wurden. Vor allem die deutschen Hersteller von BMW und Porsche gaben hier den Ton an und holten vier Weltmeistertitel. Erst 1989 wurden die Turbos wieder durch 3,5 Liter Saugmotoren ersetzt.
Abgesehen von Allan Jones, Keke Rosberg und Niki Lauda wurden die 80er Jahre von vier Piloten bestimmt: Alain Prost, Nigel Mansell, Nelson Piquet und Ayrton Senna, welche allesamt Weltmeister wurden, wenngleich Mansell am längsten darauf warten musste.
Jones holte 1980 den ersten WM-Titel für das noch junge Williams-Team. Rosberg (ebenfalls Williams) wurde 1982 erster finnischer Weltmeister. Diese Saison wurde jedoch vom Tod des kanadischen Ferrari-Piloten Gilles Villeneuve überschattet, der in Zolder bei einem Trainingslauf verunglückte. Erinnerungen an die gefährlichen Jahre der Formel 1 wurden wach. Jedoch sollte es weitere 12 Jahre bis zur nächsten Katastrophe dauern. Der große Coup gelang Niki Lauda: Nach seinem Comeback 1982 wurde er 1984 auf McLaren-Porsche-Turbo zum dritten Mal Champ. Mit dem knappsten aller denkbaren Abstände: 0,5 Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen Alain Prost. Schon in den beiden nächsten Jahren holte Prost zwei Titel auf McLaren-Porsche.
Von nun an wurde die Formel 1 durch atemberaubende Duelle innerhalb des jeweils dominierenden Teams geprägt. 1987 kämpften Mansell und Piquet für Williams-Honda um die Krone, Letztgenannter blieb Sieger. Noch wesentlich erbitterter waren aber die Duelle zwischen Ayrton Senna und Alain Prost. Mal setzte sich der Brasilianer durch, mal der Franzose. 1988 konnte das McLaren-Team sagenhafte 15! von 16 Grand-Prix-Rennen gewinnen. Schnell wurde den Fans bewusst, dass Senna der schnellere, der „Professor“ der konstantere der beiden Piloten war. Oftmals profitierte Prost auch von technischen Defekten seines Teamgefährten. Höhepunkt des Zwists zwischen Prost und Senna sind die Jahre 1989 und 1990.
Beim vorletzten WM-Laufs in Suzuka 1989 konnte sich Prost als WM-Führender bereits den Titel sichern. Lange Zeit sah es auch danach aus, denn Prost übernahm nach dem Start die Führung von Senna und kontrollierte zunächst das Geschehen. Erst danach konnte Senna Meter um Meter aufholen. In der 46. von 53 Runden versuchte Senna Prost in der Schikane vor Start/Ziel anzugreifen. Prost machte die Tür und zu und die Piloten kollidierten. Prost stieg in dem Glauben aus dem Auto aus, er habe die Weltmeisterschaft gewonnen. Doch Senna wurde von Streckenposten angeschoben und konnte weiterfahren. Senna fiel nach einem Frontflügel-Austausch hinter Alessandro Nannini zurück, konnte aber in der 50. Runde wieder an ihm vorbeigehen. Senna gewann das Rennen, die WM-Entscheidung schien vertagt. Jedoch wurde Senna anschließend disqualifiziert, weil er die Schikane „abkürzte“, und der Franzose wurde damit inoffiziell zum Champion erklärt. Die Disqualifikation war sicherlich eine erstaunlich harte Strafe, eine Zeitstrafe wäre eher angebracht gewesen. Sennas Protest wurde abgeschmettert. Unter Tränen erklärte er auf einer Pressekonferenz den Rücktritt aus der Formel-1. Das McLaren-Team versuchte zu schlichten und konnte Senna von diesem Schritt abhalten.
Bereits ein Jahr später, an selber Stelle, erfolgte Sennas Revanche. Ein Ausfall Prosts bedeutete den vorzeitigen WM-Titel für Senna. Nachdem der Franzose das Startduell gegen den Brasilianer gewann, schoss Senna Prost von der Piste. Beide Piloten trudelten ins Aus, Senna war Weltmeister.
6. Die 90er Jahre – R.I.P. Ayrton, Welcome Michael
Wie eben gezeigt, wurde die Rivalität zwischen Senna und Prost in die 90er Jahre herübergerettet. 1991 verteidigte Ayrton Senna seinen WM-Titel und wurde zum dritten Mal Weltmeister. Der Brasilianer dominierte die gesamte Saison, führte die Fahrer-WM seit dem ersten Rennen in Arizona an und gab diese bis zum Schluss nicht mehr ab. Sein Dauerrivale Prost konnte im Ferrari kein einziges Saisonrennen gewinnen und beendete die Saison auf einem enttäuschenden fünften Platz.
Vor dem Großen Preis von Belgien in Spa sollte sich Zukunftsträchtiges tun: Nach einer Attacke auf einen Londoner Taxifahrer wurde der Jordan-Pilot Bertrand Gachot zu mehreren Monaten Gefängnisstrafe verurteilt. Teambesitzer Eddie Jordan stand von heute auf morgen ohne Fahrer für die kommenden Rennen da. Wer schließlich Gachot im Jordan ersetzen sollte, ist bekannt. Wie es aber dazu kam, dass ein junger, recht unbekannter deutscher Nachwuchsfahrer aus Kerpen das Cockpit von Gachot übernahm, ist in höchstem Maße interessant. Und deswegen soll hier etwas ausführlicher darauf eingegangen werden. Schumachers Manager Willi Weber erinnert sich: „Ich war gerade bei einem Sportwagenrennen am Nürburgring, als ich erfuhr, dass Gachot wegen seiner Taxifahrer-Geschichte ins Gefängnis kommt. Jordan brauchte also einen neuen Fahrer. Ich rief Eddie in Spanien an und erzählte ihm von Michael“. Doch Eddie Jordan bevorzugte einen erfahrenen Fahrer wie Stefan Johansson, der wohl erste Wahl war, oder auch Keke Rosberg, der zu diesem Zeitpunkt allerdings seit fünf Jahren nicht mehr am Steuer eines Formel-1-Autos saß. Weber erzählt weiter, dass er zu Jordan sagte, dass Rosberg mittlerweile 43 Jahre alt sei und sprach sich für Schumacher aus. „Schumacher, who?, klang es am Ende der Leitung“. Als Jordan Weber fragte, ob Schumacher schon mal in Spa gefahren sei, antwortete Weber: „Ja, schon 100 Mal“. In Wahrheit war dies eine Lüge, Schumacher war noch kein einziges Mal in Spa unterwegs gewesen. Weber blieb weiterhin hartnäckig und fragte Jordan, wieviel er denn verlangen würde, wenn Schumacher einige Testrunden im Jordan 191 dreht. „80.000 Pfund“, laute die Antwort des Iren.“ Ich willigte ein, schickte ihm noch am selben Abend einen Scheck und fixierte mit einem Anwalt den Vertrag“, so Weber. Bereits zwei Tage später flog Schumacher mit Weber und Mercedes-Sportchef Jochen Neerpasch – Schumacher wurde vom Mercedes-Junior-Team unterstützt – zu Testfahrten ins englische Silverstone. Schumacher drehte eine schnelle Runde nach der anderen. Jordan-Teammanager Foster sagte später: „Es machte den Eindruck, als habe er nie etwas anderes im Leben gemacht, als Formel-1-Autos zu fahren.“ Nach zehn Umläufen ließ Foster Schumacher an die Box rufen: „Der Motor war das Aggregat für die beiden Testtage in Spa. Ich wollte verhindern, dass etwas zu Schaden kommt.“ Als Weber Schumacher bremsen will, fragt dieser, wo denn „das Problem sei“. Schumacher durfte nochmals auf die Piste und fuhr auf Anhieb schnellere Rundenzeiten als die Jordan-Stammpiloten. Von nun an bestand kein Zweifel mehr an Schumachers können, und auch die letzten finanziellen Fragezeichen wurden durch Weber und Neerpasch ausgeräumt. Damit stand Schumacher am 25. August 1991 zum ersten Mal am Start eines Formel-1-Grand Prix – nur Wenige dürften damals geahnt haben, dass es ein Mann war, der die Geschichtsbücher der Formel 1 neu schreiben sollte.
Bereits im Qualifying zum Belgien-Grand-Prix machte Schumacher auf sich aufmerksam und wurde Siebter. Nach einem guten Start kam er im Rennen allerdings nur 500 Meter weit, da die Kupplung seines Jordans den Geist aufgab. Dennoch: Ein neuer Star war geboren!
Nach nur einem Rennen warb Flavio Briatore – Teamchef des Benetton-Rennstalls – Schumacher ab und setzte Roberto Moreno vor die Tür. An der Seite von Nelson Piquet fuhr Schumacher die letzten fünf Saisonrennen.
1992 war das große Jahr des Nigel Mansell. Überlegen sicherte sich der Williams-Pilot mit 52 Punkten Vorsprung die Meisterschaft. 1993 war nochmals Alain Prost an der Reihe, diesmal im Williams.
Über das Jahr 1994 lässt sich Positives und Dramatisches berichten. Michael Schumacher gewann die ersten beiden Saisonrennen in Übersee, bevor der Formel-1-Tross Station in Imola machte. Keiner ahnte, dass dies das denkwürdigste Wochenende der über 50jährigen Formel-1-Geschichte werden sollte. Bereits im Freitagstraining verunglückte der brasilianische Jordan-Fahrer Rubens Barrichello schwer. Barrichello verschluckte die Zunge und brach sich die Nase, überlebte den Horror-Crash ansonsten unverletzt. Dann ging es in den Samstag, welcher der letzte Tag im Leben des jungen Österreichers Roland Ratzenberger werden sollte. Kurz nach der Tamburello brach der Heckflügel an Ratzenbergs Simtek, dieser konnte das Auto nicht mehr auf der Straße halten und krachte frontal in die Mauer. Ratzenberger brach sich das Genick, mehrere Organe wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen, Rettungsversuche auf der Strecke blieben erfolglos. Die Formel-1-Welt hatte den ersten toten Fahrer seit 12 Jahren zu beklagen.
Wie seine Lebensgefährtin Adriane Galisteu später berichten sollte (nachzulesen in dem Buch „Mein Leben mit Ayrton“), hatte Senna nach dem Tod Ratzenbergers kein gutes Gefühl vor dem Grand Prix. Sennas langjähriger Physiotherapeut Josef Leberer erinnert sich: „Wir hatten an diesem Imola-Samstag vor, meinen Geburtstag zu feiern. Wir haben uns alle getroffen, aber es war ein seltsames Abendessen in einer sehr gedrückten Stimmung. Ich möchte nichts hinein interpretieren, aber Ayrton sind an diesem Abend viele ernste Gedanken durch den Kopf gegangen, es war eine unheimliche Stimmung.“ Normalerweise machten Senna und Leberer am Samstagabend vor dem Rennen immer ihre „Therapien“. Doch an diesem Abend sagte der Brasilianer zu Leberer: „Geh schlafen, wir verzichten heute darauf“.
Am Morgen des 1. Mai 1994 diskutierte Senna mit einigen Kollegen über die Sicherheit in der Formel 1. Man setzte sich zum Ziel, diese zu verbessern. In der Startaufstellung stand Josef Leberer wie immer dicht bei Ayrton: „Er war sehr ernst. Ich sah seine Augen und wusste: Alles erschien ihm sinnlos. Sein Blick verlor sich in der Ferne. Im Laufe der Zeit verstanden wir uns jenseits der Worte. Aber ich konnte auch nur so gut sein, wie er es zuließ. Damals am Start war alles sehr eigenartig. Er war irgendwie gar nicht mehr da.“
Vor dem Rennen gab es eine Schweigeminute für Roland Ratzenberger. Senna und Schumacher weinten. Völlig ungewöhnlich für ihn nahm Senna kurz vor dem Rennstart noch einmal seinen Helm ab. Es war einfach alles anders als sonst, einfach anders! Als der Streckensprecher, der die Fahrer und die Startaufstellung vorstellte, den Namen des Ferrari-Piloten und engen Senna-Freundes Gerhard Berger nannte, brüllten die Tifosi. Ayrton Senna lächelte – es war sein letztes Lächeln!
Bereits beim Start des Grand Prix kam es erneut zu einem Zwischenfall. Pedro Lamy kollidierte mit JJ Lehto und vier Zuschauer wurden von herumschleudernden Wrackteilen getroffen. Das Safety-Car kam auf die Strecke, damit diese gereinigt werden konnte. In der fünften Runde wurde das Rennen wieder frei gegeben. Bereits in dieser Runde war zu sehen, dass Sennas Auto in der Tamburello-Kurve stark aufsetzte, was zu starkem Funkenflug führte. Aus der sechsten Runde sollte Ayrton Senna nicht wieder zurück kommen. Die Ursache des Unfalls ist bis heute nicht vollständig geklärt. Vermutlich brach die Lenkstange an seinem Williams. Senna wurde mit dem Helikopter ins naheliegende Krankenhaus nach Bologna geflogen. Um 18.40 Uhr wurde sein Tod vermeldet. Sennas Freund Gerhard Berger nannte den 1. Mai 1994 später „den Tag, an dem die Sonne vom Himmel fiel“!
Nie zuvor war die Formel 1 derart geschockt. Aber auch nie zuvor wurde derart viel für die Sicherheit der Autos und Strecken getan, wie in den folgenden Jahren. So traurig es klingt: Viele Fahrer verdanken den Todesopfern von Imola aufgrund neuer Sicherheitsstandards ihr Leben. Dass Michael Schumacher das Rennen vor Larini und Hakkinen gewann, ist lediglich eine Randnotiz.
In der Folge der Saison 1994 entwickelte sich ein Duell zwischen Michael Schumacher und Damon Hill. Williams holte den Schotten David Coulthard als Ersatz für Senna ins Team. Obwohl Schumacher aufgrund eines Regelverstoßes in Silverstone für zwei Rennen gesperrt wurde (beide Läufe in Monza und Estoril gewann Hill) und obwohl ihm ein Sieg in Spa aberkannt wurde (auch dieses Rennen gewann Hill), kam Schumacher mit einem Punkt Vorsprung auf Hill zum finalen Showdown nach Adelaide. Der Deutsche führte das Rennen an, konnte sich aber nicht von Hill absetzen. In der 35. Runde geriet Schumacher von der Strecke und tuschierte die Mauer. In der anschließenden Rechtskurve versuchte Hill an Schumacher vorbeizugehen. Schumacher verteidigte seine Position, machte die Tür zu und es kam zur Kollision. Schumacher hob ab und trudelte langsam ins Aus. Hill konnte weiterfahren – zunächst. In der Box musste jedoch auch Hill aufgeben, seine linke Vorderradaufhängung war gebrochen. Nigel Mansell feierte seinen letzten Grand-Prix-Sieg. Schumacher aber war der erste deutsche Formel-1-Weltmeister der Geschichte – mit einem Punkt Vorsprung auf Damon Hill!
Im Jahr 1995 konnte Schumacher souverän seinen Titel verteidigen. Bereits im drittletzten Rennen wurden die Champagnerflaschen in Aida geöffnet. Ganz sicher war der Große Preis von Belgien 1995 eines der stärksten Rennen Schumachers. Von Startplatz 16 aus wehrte er sich rundenlang auf Slicks gegen den regenbereiften Hill und gewann das Rennen. Ebenfalls gewann er als erster Deutscher den Großen Preis von Deutschland, der am 30. Juli in Hockenheim stattfand. Wenige Wochen später unterschrieb Michael Schumacher einen Vertrag beim traditionsreichen Ferrari-Rennstall, welches seit etlichen Jahren den eigenen Ansprüchen hinterherfuhr.
1996 war – endlich – das Jahr von Damon Hill. In Suzuka sicherte er seinen langersehnten WM-Titel vor seinem neuen Teamkollegen Jacques Villeneuve, Sohn des legendären Gilles Villeneuve. Schumacher holte drei Siege im unterlegenen Ferrari, darunter der Heim-GP in Monza.
Die Weltmeisterschaftsentscheidung von 1997 gilt rückblickend als schwärzestes Kapitel des Michael Schumacher. Die ganze Saison über lieferten sich er und Villeneuve einen packenden Zweikampf. Zum Finale nach Jerez reiste Schumacher mit einem Punkt Vorsprung vor seinem kanadischen Verfolger. Sensationelles tat sich bereits beim Qualifying. Gleich drei Piloten – Villeneuve, Schumacher und Frentzen – fuhren aufs Tausendstel dieselbe Rundenzeit. Da Villeneuve diese Zeit zuerst auf den Asphalt gelegt hatte, startete er von der Pole Position, gefolgt von Schumacher und Frentzen. Bereits am Start ging Michael Schumacher in Führung. Bis zur Rennmitte schien er die Sache kontrollieren zu können. Doch dann schloss Villeneuve auf. In der 48. Runde setzte Villeneuve zu einem Überholmanöver an und konnte sich auf der Innenbahn neben den Deutschen setzten. Der Versuch Schumachers, Villeneuve von der Piste zu rammen schlug fehl. Villeneuve beendete das Rennen auf Position drei hinter den beiden McLaren-Mercedes und wurde Weltmeister. Schumacher wurde der zweite Platz in der Gesamtwertung aberkannt.
In den Jahren 1998 und 1999 gab Mika Hakkinen den Ton in der Königsklasse an. In einem überlegenen McLaren sicherte er sich jeweils die Titel. Schumacher konnte 1998 die WM zumindest bis zum letzten Grand Prix – in dem er einen Reifenschaden erlitt – offenhalten. 1999 verunglückte Schumacher in Silverstone schwer uns musste anschließend nach Schien- und Wadenbeinbruch für mehrere Rennen pausieren. Nun war es jedoch sein Teamkollege Eddie Irvine, der Mika Hakkinen das Leben schwer machen konnte und die Weltmeisterschaft erst im letzten Rennen in Suzuka verlor.
7. Die 2000er Jahre: Seriensieger Schumacher und Nachfolger Alonso
Vier Anläufe mit Ferrari benötigte Michael Schumacher, bis er im Jahr 2000 den ersehnten Pokal wieder in den Händen halten sollte. Zum ersten Mal seit 1979 ging der Fahrertitel an die Roten mit dem springenden Pferd. Schumacher gewann die ersten drei Saisonrennen, bevor McLaren-Mercedes in Silverstone zurückschlagen konnte. In der Mitte der Saison schied Schumacher dreimal in Folge aus. In Magny-Cours zerplatzte der Motor seines Ferrari, in Zeltweg und Hockenheim wurde er in Kollisionen verwickelt. Mika Hakkinen konnte den Vorsprung Schumachers bis auf zwei Zähler verkürzen. In Ungarn musste Schumacher sogar erstmals in der Saison 2000 die WM-Führung an Hakkinen abgeben. In Spa-Francorchamps musste der „König der Ardennen“ drei Runden vor Schluss zusehen, wie Hakkinen mit einem dramatischen und gleichermaßen sensationellen Überholmanöver beim Überrunden Ricardo Zontas am Ende der Kemmel- Geraden an ihm vorbeizog. Ein Überholmanöver für die Geschichtsbücher! Beim darauffolgenden Rennen in Monza konnte sich Schumacher mit einem Heimsieg eindrucksvoll revanchieren. In Indianapolis übernahm der Deutsche wieder die Führung in der Weltmeisterschaft. Am 8. Oktober 2000 war es dann soweit: Mit einem tollen Rennen und einer hervorragenden Strategie konnte Schumacher im japanischen Suzuka, nachdem er die Führung beim Start an Hakkinen abgeben musste, nach dem zweiten Boxenstopp am Finnen vorbeigehen. Schumacher gab die Spitzenposition bis zum Ziel nicht mehr ab und wurde zum dritten Mal Formel-1-Weltmeister! Mit einem weiteren Sieg beim Saisonabschluss in Malaysia sicherte Schumacher dem Ferrari-Team auch die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Mit insgesamt neun Saisonsiegen konnte der Kerpener die bisherige Bestmarke, die von Nigel Mansell (1992) und ihm selbst (1995) aufgestellt worden war, einstellen.
In den nächsten Jahren waren Schumacher und Ferrari nicht mehr aufzuhalten. Bis 2004 sollte Schumi insgesamt sieben WM-Titel einfahren, fünf davon in Serie mit der Scuderia. Ein Rekord nach dem anderen wurde aufgestellt. Beim Großen Preis von Belgien 2001 stellte Schumacher den bisherigen Rekord von Alain Prost mit 51 Grand-Prix-Siegen ein. Bis zum heutigen Tag sollten es 91! werden. 2002 steht Schumi schon nach elf Rennen in Magny-Cours als Weltmeister fest. Damit ist er der „schnellste“ Weltmeister aller Zeiten. Vom Hockenheim-Grand-Prix 2001 bis zum Großen Preis von Brasilien 2003 beendete der Deutsche 24 Rennen in Folge. Eine Marke, die später übrigens von Nick Heidfeld durchbrochen wurde (2007-2009). In Bahrain 2006 erreichte Schumacher einen weiteren Rekord, indem er mit seiner 65. Pole Position zu Ayrton Senna aufschloss.
Erst 2005 konnte Schumacher wieder geschlagen werden. Ferrari und Bridgestone erwischten ein äußerst schwaches Jahr. Schumacher konnte zwar ein Rennen gewinnen, jedoch waren bei diesem Skandal-Rennen in Indianapolis lediglich sechs Autos am Start, da sich alle Michelin-Teams nach erheblichen Reifenproblemen an mehreren Autos während des Trainings und einem schweren Unfall von Ralf Schumacher in der Steilkurve, dazu entschlossen, nicht am Grand Prix teilzunehmen. Bereits zu Beginn der Saison kristallisierte sich das Renault-Teams um Fernando Alonso und Giancarlo Fisichella als Topfavorit auf die WM-Krone heraus. Die Franzosen gewannen die ersten vier Saisonläufe, drei davon durch den Spanier. Als härtester Gegner für Alonso sollte sich Kimi Raikkonen im McLaren erweisen, der schon 2003 die Weltmeisterschaft nur knapp (um 2 Zähler) verpasste. Da jedoch der McLaren-Mercedes enorme Probleme mit der Zuverlässigkeit hatte, wurde der Finne im WM-Kampf immer wieder zurückgeworfen. Drei Rennen vor Schluss sicherte sich Alonso in Sao Paulo seinen ersten Titel. Mit 24 Jahren war der Spanier der jüngste Weltmeister aller Zeiten – bis er später durch Lewis Hamilton und Sebastian Vettel abgelöst wurde.
Alberto Ascari, Juan Manuel Fangio, Jack Brabham, Alain Prost, Ayrton Senna, Michael Schumacher, Mika Hakkinen – und nun: Fernando Alonso. 2006 stieg der Spanier in den durchaus erlesenen Kreis derjenigen Piloten auf, die ihren Titel erfolgreich verteidigen konnten. Im Mittelpunkt der Saison 2006 stand der Zweikampf zwischen Fernando Alonso und dem widererstarkten Michael Schumacher. Der Renault war zwar nach wie vor das stärkste Fahrzeug, doch konnte Schumi, wie er es schön öfter bewiesen hat, den Ferrari im Laufe der Saison immer mehr in Schlagdistanz bringen. Im vierten Anlauf der Saison stand Schumacher beim Heimspiel in Imola zum ersten Mal in der Saison 2006 ganz oben auf dem Siegerpodest. Bereits zwei Wochen später gewann der Kerpener sein nächstes Heimspiel, diesmal auf dem Nürburgring. Danach setzte jedoch Alonso zu einer beeindruckenden Siegesserie an und gewann vier Rennen in Folge, darunter sein Heimrennen in Barcelona. Schumacher blieben nur zweite Plätze. In Monaco kam es sogar noch dicker, als er von der Pole-Position an das Ende des Feldes zurückversetzt wurde („Rascasse-Affäre“). Nach beeindruckender Aufholjagd wurde der Ferrari-Pilot immerhin noch fünfter. Die zweite Saisonhälfte 2006 gehörte Schumacher. Mit insgesamt sieben Saisonsiegen war er der erfolgreichste Pilot des Jahres. Kein anderer Fahrer beherrschte es in derartiger Perfektion, ein zu Beginn einer Saison unterlegenes Team dermaßen nach vorne zu puschen. Am 10. September 2006, nach seinem 90. Sieg in Monza, gab Schumacher bekannt, seine Karriere am Ende der Saison beenden zu wollen. Zum einen wollte er nach der Verpflichtung von Kimi Raikkonen die Karriere von Felipe Massa nicht behindern, zum anderen fühlte er sich ausgebrannt. Und wie hätte sich der Siebenmalige Champ würdiger verabschieden können, als mit seinem achten Titel? Was dann folgte, ist bekannt. Beim vorletzten WM-Lauf in Suzuka zerriss es in der 37. von 53 Runden Schumachers Ferrari-Motor. Ein sicher geglaubter Sieg löste sich in weißem Rauch auf. Als der siebenfache Weltmeister rund eine Viertelstunde nach seinem Ausfall im vorletzten Rennen seiner Karriere an die Ferrari-Box zurückkam, spielten sich in Suzuka, dem Ort so vieler Schumacher-Triumphe, Szenen ab, die schon zu diesem Zeitpunkt an Abschied und Resignation erinnerten: Schumacher bedankte sich bei seinen Mechanikern, baute sie auf und ging danach an den Kommandostand, um seine Ingenieure und Teamchefs ein vorletztes Mal abzuklatschen. Das Unerwartete, das schier Unmögliche war eingetreten: Schumacher hatte aufgegeben. Mit zehn Punkten Rückstand auf Fernando Alonso sah er vor dem letzten Rennen nicht mehr durch die verbissene „um jeden Preis“-Brille, er blieb Realist und schrieb den Traum vom 8. Titel ab. Durch einen Ausfall seines Gegners wollte er nicht Weltmeister werden. Beim finalen Showdown in Sao Paulo fuhr Alonso mit Platz zwei souverän seine zweite Weltmeisterschaft ein. Schumacher zeigte bei seinem – vorerst – letzten Rennen nach technischen Problemen im Qualifying noch einmal seine ganze Klasse. Nach beeindruckenden Überholmanövern fuhr der Ferrari als vierter über die Ziellinie. Good-Bye Michael, ein würdiger Abgang!
Bereits in der Winterpause 2005/2006 wurde bekannt, dass Fernando Alonso 2007 für das Team von Ron Dennis an den Start gehen werde. Sein Teamkollege war der britische Formel-1-Neuling Lewis Hamilton. Raikkonen ersetzte Schumacher bei Ferrari. Zu Beginn der Saison machten Alonso, Hamilton, Raikkonen und Massa ihre Ambitionen auf den Titel deutlich. Geprägt wurde die Saison jedoch vom teaminternen Zwist zwischen Alonso und Hamilton. Bereits in Montreal zeigte Hamilton, dass er seinen bekannten Teamkollegen übertreffen kann und siegte eindrucksvoll. Je weiter die Saison voranschritt, desto mehr kühlte sich das Verhältnis der beiden ab. Hamilton gewann die Gunst seines Teams, während Alonso immer mehr ins Abseits geriet. Während des Qualifyings in Ungarn eskalierte die Situation endgültig: Obwohl Alonso beim Boxenstopp längst abgefertigt war, blieb er solange stehen, dass Hamilton nicht mehr rechtzeitig abgefertigt werden konnte, um noch eine entscheidende fliegende Runde zu fahren. Alonso fuhr noch rechtzeitig auf die Strecke und sicherte sich die Pole-Position. Vor dem letzten Saisonrennen in Brasilien führte Hamilton die Fahrerwertung mit vier Punkten Vorsprung vor Alonso und sieben Punkten vor Raikkonen an. Mit einem Sieg schnappte Raikkonen den beiden McLaren-Piloten die WM-Krone weg. McLaren-Mercedes hatte zwar das stärkste Paket im Feld, durch interne Streitereien „verschenkte“ man jedoch leichtfertig den Titel.
Nach der Trennung von McLaren kehrte Alonso 2008 wieder zu seinem ehemaligen Renault-Team zurück. Jedoch konnte er dort nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen. Dennoch war die WM 2008 zu jedem Zeitpunkt spannend. BMW konnte zwar die Teams von Ferrari und McLaren ärgern, ernsthafte Chancen auf den WM-Titel hatte man nicht. Immerhin gewannen die Münchener mit Robert Kubica in Kanada ihren ersten Grand Prix als Werksteam. Wie im Vorjahr stand der Weltmeister erst im letzten Rennen in Sao Paulo fest. Hamilton führte vor dem Rennen die Weltmeisterschaft mit sieben Punkten Vorsprung auf Massa, der sich in dieser Saison gegen Weltmeister und Teamkollege Raikkonen durchsetzen konnte, an. Jedoch qualifizierte sich der Brasilianer auf Startposition eins, Hamilton wurde Vierter. Massa war an diesem Tag nicht zu stoppen und fuhr einen überlegenen Heimsieg heraus. Doch die Dramatik spielte sich weiter hinten im Feld ab, als es wenige Runden vor Schluss zu regnen begann. Alle Piloten entschieden sich für einen Wechsel auf Regenreifen – nur einer nicht: Timo Glock. Zwei Runden vor Schluss ging Sebastian Vettel an Hamilton vorbei, dieser lag nun nur noch auf dem sechsten Platz. Massa wäre bei diesem Ergebnis Weltmeister geworden! Jedoch wurde der Regen immer stärker, Glock hatte Mühe, seinen Toyota mit den Trockenreifen überhaupt auf der Bahn zu halten. In der allerletzten Kurve! verlor Glock zwei Positionen – an Vettel und Hamilton. Hamilton kam als Fünfter ins Ziel und fuhr seine erste Weltmeisterschaft ein. Spannung bis zur letzten Kurve – diesen Slogan darf man getrost wörtlich nehmen, spricht man von der Formel-1-Saison 2008!
Erwähnenswert: Sebastian Vettel gelang es in Monza im unterlegenen Torro Rosso eindrucksvoll, sein Können unter Beweis zu stellen. Im Regen holte er sich seine erste Pole-Position und im anschließenden Rennen seinen ersten Formel-1-Sieg. Ein Nachfolger Schumachers?
2008/2009 wurde überraschenderweise das Jahr von Jenson Button und Brawn-GP. Nachdem Honda im Winter seinen Ausstieg aus der Formel 1 bekannt gab, regierte zunächst eine lange Zeit der Ungewissheit, bis Ross Brawn schließlich das Team übernahm. Unter anderem durch einen innovativen und genialen Doppeldiffusor wurde das Team die Überraschung der Saison. In der ersten Saisonhälfte war Button beinahe unschlagbar. Im Laufe der Saison konnten Teams wie Red Bull, zu dem Vettel inzwischen an der Seite von Mark Webber aufgestiegen war, aufholen und sich schließlich sogar vor Brawn-GP setzen. Jedoch fehlte es Red Bull an der Zuverlässigkeit. Abgesehen davon war der Vorsprung von Button in der Weltmeisterschaft schon zu groß, sodass sich dieser weitestgehend auf das konstante „Punktesammeln“ konzentrieren konnte. Bereits nach dem vorletzten Rennen in Sao Paulo war der Brite uneinholbar. Trauriges gab es vom Großen Preis von Ungarn zu berichten. Während des Qualifyings wurde Ferrari-Pilot Felipe Massa von einer losen Feder eines vor ihm fahrenden Brawn am Helm getroffen und schwer verletzt. Massa erlitt eine Verletzung an der Stirn, eine Schädelfraktur sowie ein Schädel-Hirn-Trauma. Die Saison war für Massa beendet. Nachdem Michael Schumacher seine Comeback-Pläne aufgrund einer Verletzung im Nackenbereich nicht verwirklichen konnte, fuhren zunächst Luca Badoer und später Giancarlo Fisichella an der Seite von Raikkonen die letzten Saisonrennen.
„Ich habe mich entschlossen, nochmals in der Formel 1 anzugreifen. Mercedes Grand Prix und ich werden in den nächsten drei Jahren gemeinsam an den Start gehen. Und offen gesagt juckt es mich heute schon bei der Aussicht, wieder ins Lenkrad zu greifen“ (Michael Schumacher am 23. Dezember 2009).
Nun also doch: Zwei Tage vor Weihnachten gab Michael Schumacher offiziell sein Comeback in der Formel 1 für das neue Mercedes-Werksteam bekannt. An der Seite von Nico Rosberg hatte Schumacher für drei Jahre unterschrieben. Das weltweite Medienecho war enorm, die Vorfreude auf Schumacher groß. Letztendlich erwies sich der Mercedes jedoch nicht als Spitzenauto und Schumacher hatte nichts mit der WM-Entscheidung zu tun.
Gut zehn Monate später steht ein weiterer Deutscher an der Spitze der Formel 1: Sein Name ist Sebastian Vettel.
Geschrieben von Florian Kipp (User Hockenheim aus dem DF-Forum)
PS: Für weitere Gast-Beiträge sind wir immer offen. Mehr Infos im Bereich „Gast-Beiträge“
Klasse Beitrag. Hut ab!!!
„Beim vorletzten WM-Lauf in Suzuka zerriss es in der 37. von 53 Runden Schumachers Ferrari-Motor. Ein sicher geglaubter Sieg löste sich in weißem Rauch auf.“
für mich war das zusammen mit seinem Rücktritt eines der schlimmsten Momente in der Formel 1. Aber jetzt ist er wieder da und ich genieße jeden Moment auf der Strecke des Siebenmaligen – des Größten!
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