Eine Politiksendung für die junge Zielgruppe ist eine super Sache – Nach guten Quoten in der ersten Sendung, verlor „Absolute Mehrheit“ aber viele Zuschauer.
Persönlich bin ich nicht unbedingt jemand, der sich tagtäglich mit der Politik beschäftigt. Genau für Menschen wie mich ist eine Sendung wie „Absolute Mehrheit“ gemacht. Für die Politik ist so ein Format sehr wichtig und auch nützlich, da man so eine Zielgruppe ansprechen kann, die man sonst eben nicht erreicht.
Bei ProSieben wird man sich heute die Frage stellen, wieso man rund eine Million Zuschauer verlor? Der größte Kritikpunkt ist meiner Ansicht nach die Zeit. Wer diskutieren und auf Themen detaillierter eingehen möchte, der muss auch die Zeit haben dies entsprechend zu tun. Wenn jeder Gesprächsgast gefühlte 2 Minuten für ein Thema hat, dann funktioniert das einfach nicht. So wirkt alles gedrängt, Themen werden nur angeschnitten und genau das bringt niemanden weiter.
Das ist so ein bisschen vergleichbar mit dem „Inside Report“ bei Sky Sport News HD – Zu viele Themen in zu wenig Zeit. Man kann nicht alles unterbringen, wenn einem die Zeit fehlt. Am Ende leidet die Qualität.
Gerade für eine jüngere Zielgruppe, die sich selten mit der Politik beschäftigt sind diese „schnellen“ Themenwechsel nicht nachzuvollziehen. Für mich ist das einer der Hauptgründe, warum die Quoten fallen. Für Laien ist es schwer der Sendung zu folgen. Gerade für diese jüngeren Generationen ist es wichtig, dass man nicht nur die Oberfläche ankratzt, sondern sich intensiv mit Themen beschäftigt.
Würde man nur ein oder zwei Themen ansprechen, könnte man in Ruhe diskutieren und alle Gäste könnten entsprechend ausführlich ihre „Meinung“ abgeben. Was ebenso auffällt ist, dass bei „Absolute Mehrheit“ der Diskussionsfluss generell sehr niedrig ist. Es wirkt oft wie ein Frage-Antwortspiel, nur selten gibt es Contra von einem Gast auf eine Aussage eines anderen. So wirkt es zum Teil wie ein Interview mit verschiedenen Gästen, aber nicht wie eine Diskussionsrunde.
Einen Gast wie Olli Schulz darf man übrigens nicht einladen, wenn man ernst genommen werden möchte. Dies ist keine Unterhaltungsshow, sondern eine politische Talk-Show. Zum Teil war das gestern leider zum Fremdschämen.
Positiv finde ich die Rolle von Peter Limbourg, der in „Absolute Mehrheit“ die jeweiligen Gäste und dessen Antworten einschätzt und auch selbst die eine oder andere Meinung abgibt. Er ist die starke Schulter an der Seite von Stefan Raab. Man sollte vielleicht mit dem Gedanken spielen Limbourg noch präsenter mit einzubinden, um einen Mehrwert zu schaffen.
Was manchmal auch fehlt ist die Überraschung in der Sendung. Genau deshalb würde ich die Zuschauer im Studio mit einbeziehen. Diese könnten mit ihren Fragen sozusagen die Stimme aus dem Volk vertreten, zumal es auch interessant wäre zu wissen, was die Zielgruppe zu den Themen denkt und was sie interessiert.
Auch die vielen Twitter-Nutzer, die während der Sendung, ihre Meinungen abgeben könnte man sicherlich besser einsetzen. Wer in diesen Formaten Social Media nicht korrekt anwendet, der verpasst eine große Chance. Meinungen, Votings, Fragen – Vieles ist möglich, um eine unbekannte Dynamik einfließen zu lassen.
Vergessen darf man als Sendungsmacher nicht, dass die Gäste vorbereitet sind und zum Teil schon vorher wissen, was sie sagen. Mit entsprechenden „Hürden“ kann man diese mehr fordern und so auch das Format weiter pushen. Was mir auch zu kurz kommt ist die Vorstellung der Gäste – Hier sollte man sich die Zeit nehmen und zumindest oberflächlich zeigen, was genau diese in der Politik machen. Die Nennung der Job-Bezeichnung hilft den wenigstens Zuschauern.
Sehr nervig sind natürlich die Gewinnspiele. Wenn das Format ernst genommen werden will, dann sollte man darauf verzichten. Hier verbrennt man nur eines, Zeit! Diese benötigt man aber für die Diskussion.
Das Format kann nur profitieren, wenn die Diskussionen meinungstark sind. Die Gäste sollen sich nicht lieb haben, sondern ihre Meinung vertreten und gerne auch mal kontrovers diskutieren. Um dies zu können muss man aber Zeit haben und die Diskussionen entsprechend entwickeln lassen.
Von daher liegt das Hauptproblem darin, dass man eine Art „Frage-Antwort-Spiel“ aufzieht, aber dabei vergisst, dass eine Talk-Runde vom „Talk“ und dessen Diskussionen mit den verschiedenen Vertretern der Parteien lebt. Mehr Freiheit, mehr Zeit, mehr Diskussionen.
Das Format ist alles andere als schlecht, wirkt aber zum Teil zu lieb. Wenn die Politik eines nicht ist, dann lieb.
Geschrieben von Florian Hellmuth