Am Samstag wird er sein letztes Spiel für Sky kommentieren – Marcel Reif sagt leise „bye bye“ und ich bin sicher, dass wir ihn vermissen werden. Und ja, selbst die Hater.
Wird er weinen? Wir wissen es nicht. Er kann es sich durchaus vorstellen. Bei seinem letzten Bundesliga-Spiel für Sky konnte Marcel Reif seine Emotionen nicht komplett unterdrücken. Am Samstag, bei seinem letzten Spiel für Sky, ist auch seine Familie im Stadion. Sein Sohn wird wohl weinen, wie Reif im Interview mit 1live erklärte.
Die Entscheidung, nach so vielen Jahren bei Sky Schluss zu machen, fiel bereits an Weihnachten. Im Gespräch mit den Verantwortlichen des Senders, kam man gemeinsam zu dem Entschluss: „Es ist ein guter Zeitpunkt“.
Marcel Reif war nie der Kommentator, der es allen Recht machen wollte. Warum auch? Ein Kommentator ist dazu da, ein Spiel zu begleiten, seine Meinung ist dabei Subjektiv. Es wird nie einen Kommentator geben, den alle mögen.
Viele Kommentatoren besitzen heutzutage wenig Profil, reiben sich nicht auf, wagen sich selten zu kritisieren. Reif ist da anders. Er sagt, was er denkt. Ist ein Spiel schlecht, sagt er es. Reif liebt guten Fußball, sieht er diesen nicht, wirkt er persönlich beleidigt. Bevor Reif in ein Spiel geht, hat er eine gewisse Erwartung. Wird diese nicht erfüllt, fängt er an zu motzen. Das muss man nicht mögen. Aber es ist eine Eigenschaft, die selten geworden ist.
Oft werden selbst schlechte Spiele schöngeredet oder irgendwas überspielt. Dabei darf ein Kommentator durchaus sagen, wenn ihm etwas missfällt. Es muss dennoch fair sein.
Vor allem Reif ist einer, der zu allem steht, was er sagt. Es sind diese oft zitierten „Ecken und Kanten“. Reif verstellt sich nicht, er kommentiert das, was er sieht. Schonungslos.
Für viele ist er arrogant, abgehoben, nicht ernst zu nehmen. Mit Kritik muss jeder Kommentator umgehen. Gerade Reif hatte es in der Vergangenheit nicht leicht. Er machte seinen Job, viele stimmten ihm nicht zu. Das ist legitim. Dennoch ging es im Internet, aber auch bei bestimmten Vorfällen in den Stadien zu weit. Einen hat er sich geschnappt. Einen Hater aus dem Netz, der zu persönlich wurde, wie er im 1live-Interview angab. „Den wollte er haben“, wie er sagt. Und er hat ihn gefunden, sodass dieser zu einer recht hohen Geldstrafe verurteilt wurde.
Reif liebt den Fußball. Wer ihm das abspricht, hat sich nie mit der Person dahinter beschäftigt. Für mich gehört Reif zu den ganz wenigen Kommentatoren, die eine gewisse Art von „Charakter“ in ihrem Kommentar wiedergeben. Er kann es sicher nicht mehr hören, aber er polarisiert mit der Art, mit der er Fußball kommentiert. Das hebt ihn von anderen ab.
Für Sky ist es ein Verlust. Einen Typen wie Reif im Team zu haben, ist im Grunde unbezahlbar. Er ist markant, einzigartig, hat einen hohen Wiedererkennungswert. Diese Lücke wirklich zu schließen ist eine Herausforderung. Wolff Fuss als Beispiel hat ein gutes Niveau, ist aber dennoch Meilenweit von Reif entfernt. Vor allem, wenn es darum geht, entsprechende Kritik zu äußern, vieles nicht zu überspielen. Fuss überspielt diese Makel mit spontanen Sprüchen, die einem irgendwann auf den Keks gehen. Dabei hat er eine der besten Stimmen in der Branche, eine gewisse Weiterentwicklung hat es aber nicht gegeben. Fuss kann mehr, dennoch herrscht Stillstand. Seit Jahren. Auch Kai Dittmann ist ein guter, sogar ein sehr guter. Ein Arbeitstier. Einer, der den Fußball wirklich abgöttisch liebt, für mich sogar die Nummer 1 bei Sky ist. Der vor allem in den letzten zwei Jahren einen Schritt nach vorne gemacht hat.
Aber auch dahinter sind tolle Kommentatoren. Vor allem Jonas Friedrich gehört zu den Besten in diesem Land, der aber immer ein bisschen untengehalten wird.
Eines ist sicher: Marcel Reif lässt sich nicht ersetzen. Es wäre auch falsch es zu versuchen. Es klappt nicht.
Samstagabend wird besonders. Nicht nur für Marcel Reif, sondern auch für uns Zuschauer. Wie wird er? Der Abgang des großen Kommentators. Eines Kommentators, der polarisierte, wie kein anderer. Kein Steffen Simon, kein Bela Rethy, keiner tat es so. Ein Alleinstellungsmerkmal, das aufzeigt, wie besonders dieser Kommentator ist.
Ich wünsche mir, Marcel Reif bekommt einen würdigen Abschied mit einem Spiel, dass zu seinem Kommentar passt. Über das er in einigen Jahren sagt: „Ja, so ein Spiel zum Abschied habe ich mir gewünscht“. Zudem wäre es großartig, nach dem Spiel nochmal eine Live-Schalte ins Stadion zu bekommen, um im Nachgang nochmal einige Emotionen einzufangen.
Wir verlangen immer nach echten Typen. Hier verlässt einer die große Bühne und niemand weiß, ob wir ihn auf dieser je wiedersehen werden. Vermissen tut man etwas erst, wenn es nicht mehr da ist. So wird es auch bei Marcel Reif sein.
Ich lege jedem das 1live-Interview ans Herz. Rund 39 Minuten, die viel über den Kommentator, aber auch den Menschen Marcel Reif aussagen.
www1.wdr.de/mediathek/audio/1live/1live-talk/audio-marcel-reif-100.html
Zum Schluss noch ein Heißmacher vor dem Endspiel aus einem Interview mit einer weiteren Legende. Fritz von Thurn und Taxis bei den Kollegen von FUMS:
„Ich werde ihm wahrscheinlich vor dem Finale eine SMS schreiben, um ihn ein bisschen zu pushen. Ihn nochmal ein bisschen animieren“
Darauf hoffen wir. Auf einen würdigen letzten Live-Kommentar.
Geschrieben von Florian Hellmuth
Ein Kommentar zu “Marcel Reif – Er hat es nicht verhühnert”